Das Kniegelenk weist einige Besonderheiten auf: Es ist das Gelenk mit den größten Knorpelflächen des Körpers, es ist an fast jeder Körperbewegung beteiligt, und es wird von starken Bändern gehalten. Ohne intakten Muskel-Band-Apparat kann das Kniegelenk nicht funktionieren. Daraus resultiert seine häufige Verletzungsanfälligkeit.
Stabilität und Beweglichkeit sind zwei konträre Forderungen an das Gelenk und auch an den Operateur, der sich damit beschäftigt. In Streckung muss das Knie stabil sein und die gesamte Last des Körpers tragen. Die Beugung erfordert Elastizität und Dehnung der Kapsel-Band-Strukturen.

Erkrankungen des Kniegelenks sind so vielfältig wie das Leben selbst und oft altersabhängig, d.h. jedes Lebensalter weist typische Erkrankungen auf. So sind im Kindesalter Fehlstellungen und Reifungsverzögerungen der häufigste Grund für einen Arztbesuch, im jungen Erwachsenenalter kommt es vermehrt zu Verletzungen (Innenband-, Kreuzbandriss), ab der Mitte des Lebens spielen degenerative Prozesse eine wesentliche Rolle (Meniskusverschleiß, Knorpelschäden).
Fortgeschrittene Arthrosen mit vollständigem Knorpelabrieb bilden das Endstadium. Arthrosen sind von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung, und ihre Verbreitung ist auch ein Ausdruck unserer älter werdenden Gesellschaft.
Nach ihrer Häufigkeit seien folgende Krankheitsbilder aufgezählt:
- Verletzungen, Kapselbandrisse, v.a. inneres Seitenband und vorderes Kreuzband
- Überlastungen der Sehnen und der Muskulatur
- Meniskusschäden
- Arthrose / Abnutzung des Knorpels
- Fehlstellungen, X- oder O-Bein
- rheumatische Erkrankungen, chron. Schleimhautentzündung, Gicht
- Knochenbrüche und deren Folgen
- Durchblutungsstörungen / Osteonekrosen
- Schleimbeutelentzündungen
- Zysten / Tumore
Aus einem Meniskusriss kann sich ein Knorpelschaden entwickeln, dieser führt später zu einem einseitigen Abrieb und damit zu einer Verformung der Beinachse. Diese Dysbalance lockert die Bänder aus und verstärkt die Symptomatik, die Muskulatur baut sich ab, das Gelenk wird steif. Es kommt zu einem Teufelskreis, an dessen Ende Knochen auf Knochen reibt. Lange kann konservativ mit Methoden der Krankengymnastik, mit Medikamenten und Orthesen therapiert werden. Die Entscheidung über den idealen Zeitpunkt für eine Operation ist eine Kernkompetenz unserer Praxis.
Wenn konservative Therapiemaßnahmen nicht mehr zum Ziel führen, ist oft eine minimal-invasive arthroskopische Operation das Mittel der Wahl, um die gestörte Gelenkfunktion wieder herzustellen.
Arthroskopische Operationen gehören seit Jahren zum Standard des orthopädisch-operativen Spektrums. Es handelt sich hierbei um ein etabliertes Verfahren, welches in den meisten Fällen ambulant durchgeführt werden kann.
Nachdem der Patient in Narkose versetzt wurde, wird der Operateur zunächst eine Überprüfung der Beweglichkeit und der Stabilität der Bandstrukturen durchführen. Durch die völlige Entspannung des Patienten ist so eine exakte Beurteilung des Kniegelenkes möglich. Im nächsten Schritt wird das Kniegelenk nach vorgegebenen Standards desinfiziert und steril abgedeckt.
In den meisten Fällen wird der Eingriff mit einer sog. Blutsperre durchgeführt. Hierbei handelt es sich um eine Blutdruckmanschette, welche um den Oberschenkel gelegt und vor Beginn des Eingriffs mit Luft gefüllt wird, so dass der Blutzufluss zum Kniegelenk vermindert wird. Durch diese Maßnahme werden intraoperative Blutungen, welche die Sicht bei dem Eingriff beeinträchtigen würden, vermieden.
Über einen kleinen Hautschnitt etwas unterhalb der Kniescheibe auf der Außenseite wird das Gelenk eröffnet, eine Kamera eingeführt und mit Spülfüssigkeit aufgefüllt.
So ist es möglich, die unterschiedlichen Gelenkanteile zu inspizieren. Über einen weiteren kleinen Hautschnitt unterhalb der Kniescheibe auf der Innenseite wird ein Tastbaren in das Gelenk eingeführt, so lassen sich die unterschiedlichen Strukturen des Gelenkinnenraumes überprüfen.
Man prüft die Beschaffenheit des Gelenkknorpels, die Kreuzbänder, den Innen- und Aussenmeniskus, auch der Lauf der Kniescheibe bei Beugung des Kniegelenkes kann so überprüft werden.
Nach den erhobenen Befunden wird das weitere therapeutische Vorgehen festgelegt. Sämtliche Schritte der Operation werden fotodokumentiert und im Rahmen der Nachbehandlung ausführlich mit dem Patienten besprochen.
Die am häufigsten erforderlichen Maßnahmen sind:
- Entfernung an- oder abgerissener Meniskusanteile, ggf. Refixierung von Meniskusverletzungen (abhängig von der Lage der Verletzung)
- Rekonstruktion des gerissenen vorderen Kreuzbandes (Kreuzbandplastik)
- Entfernung freier Gelenkkörper
- Glättung der Knorpeloberfläche bei Arthroseerkrankungen
- Anbohren verschlissener Knorpelareale und somit Anregung einer Ersatzknorpelbildung
- Entfernung entzündlich veränderter Gelenkinnenhaut oder einklemmender Schleimhautfalten
- Entnahme von Gewebeproben bei Infektverdacht
Abhängig vom Ausmaß der durchgeführten Maßnahmen kann eine Redon-Drainage in das Gelenk eingelegt werden, damit verbliebene Restflüssigkeit und Blut ablaufen kann. Nach ausführlicher Spülung des Gelenkes werden die Instrument entfernt und die Operationszugänge mittels Hautnaht verschlossen.
Das Bein wird zur Vermeidung von Schwellung und Thrombose elastokompressiv gewickelt und die Operation ist beendet. Abhängig von den durchgeführten Maßnahmen ist die Entlastung an Unterarmgehstützen erforderlich.
In der Regel dauert der Eingriff zwischen 20 und 40 Minuten. Insgesamt handelt es sich bei arthoroskopischen Operationen um ein sehr komplikationsarmes Verfahren.
Bei fortgeschrittener Kniegelenksarthrose kommt es oft zur einseitigen Abnutzung des innenseitigen Kniegelenks und damit zu einer O-Bein-Fehlstellung. Diese Fehlstellung hat dann eine noch stärkere Abnutzung des innenseitigen Kniegelenks zur Folge, es kommt zu einem Teufelskreis. In derartigen Fällen kann oft durch eine operative Korrektur der Beinachse die Arthrose aufgehalten und die Belastbarkeit des Kniegelenks wieder hergestellt werden.
Nach Vermessen der Beinachsen und exakter Planung wird dazu der Unterschenkelknochen knapp unterhalb des Kniegelenks durchtrennt und in korrigierter Stellung mit einer überbrückenden Titanplatte stabilisiert. Ergebnis des Eingriffs ist in der Regel ein wieder gerades Bein mit normaler Lastverteilung. Die Titanplatte kann etwa 1 Jahr nach der Operation im Rahmen eines kleinen 2. Eingriffs entfernt werden.
Die etwas seltenere einseitige Abnutzung des außenseitigen Kniegelenks hat eine X-Bein-Fehlstellung zur Folge, die ebenfalls operativ beseitigt werden kann. Die Achsenkorrektur wird in diesen Fällen am Oberschenkelknochen unmittelbar über dem Kniegelenk durchgeführt. Derartige operative Beinachsenkorrekturen kommen vor allem für noch jüngere Patienten mit guter Knochenqualität infrage, bei denen der Kniegelenksknorpel auf einer Gelenkseite noch gut erhalten ist.
Wenn bei weit fortgeschrittenem Gelenkverschleiß mehr als die Hälfte des Gelenkknorpels zerstört ist, wenn die Schmerzen zunehmen und immer weniger Belastung erlauben, dann ist oft die Implantation eines künstlichen Kniegelenks, einer „Endoprothese“, die beste Lösung.
Die Endoprothese ist in Form und Funktion dem natürlichen Gelenk nachempfunden und besteht aus mehreren Teilen. Ziel eines jeden Gelenkersatzes ist es, soviel Knochensubstanz wie möglich zu erhalten.

Links: Röntgenbild eines gesunden Knies (Die Gelenkspalten sind harmonisch, Achse und Passform ideal)
Rechts: Röntgenbild eines erkrankten Knies (Die Gelenkspalten sind aufgebraucht. Der Schienbeinkopf steht o-beinig. Die Passform des Gelenkes ist zerstört.)
Am häufigsten kommt der so genannte „Oberflächenersatz“ zur Anwendung. Dabei wird der Oberschenkelknochen mit einer dünnen Metallkappe überkront, wodurch möglichst genau die ehemalige Oberfläche des Knorpels rekonstruiert wird. Die Schienbeinkomponente ist flächig aufgebaut und wird mit einem kurzen Stem im Schienbeinkopf verankert (Prinzip des Schwertes am Segelschiff). Die gängigen Materialien sind Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierungen und keramisiertes Metall (Oxinium). Alle Metallkomponenten werden zementiert und sind somit sofort belastbar. Als Gleitpartner (Inlay, Platte zwischen den Metallkomponenten) hat sich wie bei den Hüftprothesen der besonders elastische und gleichzeitig haltbare Kunststoff Polyethylen bewährt.
Hochwertige Endoprothesenmodelle gibt es in vielen verschiedenen Designs und Größen, um für die unterschiedlichen Krankheitsbilder des Kniegelenks eine Lösung anzubieten. So kann auch nur die innere oder äußere Hälfte des Gelenks überkront werden, man spricht dann vom Mono-Kompartment-Ersatz. Auch ein isolierter Ersatz des Kniescheibengelenks ist möglich. Ähnlich den Hüftprothesen kommen modulare Systeme zum Einsatz. Nach dem „Baukasten-Prinzip“ werden Einzelteile kombiniert und individuell angepasst.
Modulares „Baukasten-System“

Mono-Kompartment und unikondyläre Schlittenprothese

Bikondylärer Oberflächenersatz

Das Kniegelenk lebt von seinen Bändern. Sind diese extrem verändert, gerissen oder „ausgeleiert“ und / oder fehlt Knochensubstanz für die Rekonstruktion (Zysten, Brüche, TEP-Wechsel), so müssen die Prothesenkomponenten stabil miteinander verbunden werden. Das Design der Komponenten wird dadurch komplexer. Lange Stiele werden in den Markraum eingebracht und übernehmen die Krafteinleitung. Kleine Metallblättchen können unter die reguläre Prothese gebaut werden, um fehlenden Knochen zu ersetzen.

Ihr Operateur wird anhand des klinischen Befundes (Beinachse, Muskelstatus, Gewicht, Kontraktur) und des Röntgenbildes (Kniegelenk in zwei Ebenen, Ganzbeinaufnahme, evtl. Zusatzdiagnostik wie MRT, Arthroskopie Berichte) die ideale Prothese für Sie planen.